Die Geschichte der islamischen Bildung
Die Geschichte der islamischen Bildung beginnt mit dem Propheten Muhammad (Friede und Segen seien auf ihm).
Wie alle anderen Propheten war auch er ein Lehrer für die Menschen. Er brachte ihnen bei, wie sie an Gott glauben und ein gutes Leben führen können. Außerdem lebte er das, was er lehrte, selbst vor – er war also ein Vorbild.
Im Koran, dem heiligen Buch des Islams, steht:
„Im Gesandten Allahs habt ihr ein schönes Vorbild.“ (Koran, 33:21)
Der Prophet sagte oft, dass das Lernen für alle Menschen wichtig ist. Er erklärte, dass Männer und Frauen im Islam dazu verpflichtet sind, Wissen zu erwerben – also zu lernen – vom Anfang ihres Lebens bis zum Ende.
Lernen war von Anfang an wichtig
Schon zu Lebzeiten des Propheten war das Lernen eine Pflicht. Im Koran steht zum Beispiel:
„Sind diejenigen, die wissen, gleich denjenigen, die nicht wissen?“ (Koran, 39:9)
Damals konnten viele Menschen in Mekka nicht lesen oder schreiben. Deshalb beauftragte der Prophet Lehrerinnen und Lehrer, den Leuten das Lesen und Schreiben beizubringen.
Der Prophet selbst konnte nicht überall hingehen, also schickte er Menschen, die das Wissen weitergeben sollten.
Die ersten Schulen
Die ersten Muslime trafen sich heimlich im Haus eines Mannes namens Arqam, um dort über den Islam zu lernen. Heimlich deshalb, weil die Herrscher in Mekka damals den Islam nicht erlaubten.
Als die Muslime später nach Medina auszogen (das war im Jahr 622 nach Christus), ließ der Prophet dort sofort eine Moschee mit einem Bildungsplatz bauen. Diese Schule hieß Suffa. Dort wurde den Menschen der Islam beigebracht, und sie lernten Tag und Nacht.
Wie es nach dem Propheten weiterging
Nach dem Tod des Propheten lernten die Menschen weiter in den Moscheen. Die Lehrer unterrichteten dort Religion, Sprache und Literatur.
Später wurden dann richtige Schulen gebaut, die man Madrasa nannte. Die erste große Madrasa wurde im Jahr 1066 in Bagdad gegründet. Ihr Gründer hieß Nizam al-Mulk, und die Schule hieß Nizamiya-Madrasa.
Das war so etwas wie die erste Universität der Welt!
Was in den Madrasas gelernt wurde
In diesen Madrasas lernten die Schüler nicht nur über Religion, sondern auch über Medizin, Mathematik, Bauwesen und Technik.
Es gab sogar Bibliotheken, Krankenhäuser und Räume für Kinder – also fast wie moderne Universitäten mit verschiedenen Gebäuden und Fächern.
Auch die Kinder der Könige und Herrscher bekamen Unterricht. Manche lernten privat im Palast, andere gingen in spezielle Schulen, die Maktab hießen.
Wichtige Förderer der Bildung
Vier Männer spielten eine besonders wichtige Rolle für die islamische Bildung:
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Nizam al-Mulk (1018–1092) – Er gründete die erste Madrasa in Bagdad.
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ʿAbdullah al-Ma’mun (786–833) – Er eröffnete das „Haus der Weisheit“ (Bayt al-Hikma) in Bagdad. Dort wurden viele Bücher aus dem Griechischen übersetzt, zum Beispiel über Medizin und Naturwissenschaften.
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Nuraddin Zangi (1118–1174) – Er baute viele Madrasas in Syrien und half Lehrern aus anderen Ländern.
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Salahaddin al-Ayyubi (1137–1193) – Er herrschte über Ägypten und Syrien und baute viele Schulen, um Bildung zu fördern.
Die Blütezeit der islamischen Wissenschaft
Während in Europa das „dunkle Mittelalter“ herrschte, hatten die Muslime eine Zeit voller Wissen und Erfindungen.
Islamische Gelehrte entdeckten vieles in Physik, Chemie, Medizin, Mathematik, Astronomie und Bauwesen.
Die Bibliotheken und Buchhandlungen waren wichtige Orte des Lernens. Schüler gingen oft zu Gelehrten nach Hause, um dort zu lernen und über das Gelernte zu sprechen.
Der Niedergang und Neubeginn
Gegen Ende des 16. Jahrhunderts wurde das Lernen in den Madrasas immer schwächer. Es gab zu viele Schüler und zu wenig gute Lehrer. Schließlich blieb nur noch der Religionsunterricht übrig.
Im Jahr 1924 wurden die Madrasas ganz geschlossen. Erst viele Jahre später, 1959, entstanden wieder theologische Schulen in der Türkei, und ab 1982 auch wieder theologische Fakultäten an Universitäten.
Veränderungen im Osmanischen Reich und danach
Im Jahr 1839 begann das Osmanische Reich, seine Schulen zu erneuern. Es wurden neue staatliche Schulen gegründet, vor allem Grundschulen. Der Religionsunterricht wurde in diese Schulen verlegt.
Nach dem Ersten Weltkrieg (1918) zerfiel das Osmanische Reich. Die Türkei wurde eine Republik mit einer modernen, weltlichen (nicht-religiösen) Verfassung.
Die alten religiösen Schulen wurden geschlossen, und man übernahm viele Ideen aus dem europäischen Bildungssystem.
Aber: In den Schulen blieb der Unterricht über Islam und Moral ein Pflichtfach.
Auch viele arabische Länder machten ähnliche Veränderungen. Weil sie oft von europäischen Ländern regiert wurden, übernahmen sie deren Schulsysteme und Sprachen – zum Beispiel Französisch in Algerien und Marokko.
Literaturhinweis
Erkan Erdemir (2014). Vergleich der Bildungsansichten von Ibn Haldun und Wilhelm von Humboldt. München: GRIN Verlag GmbH.
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